Menschenrecht „File sharing“, Gedanken dazu – und aktuelle Abmahnungen von Torrent-Downloads
Kultur weiter geben – ich singe dir ein Lied, du erzählst mir eine Geschichte, wir malen ein Bild und schenken es Oma. Hier ist ein USB-Stick (früher: ein tape) mit Musik für dich. Ah, eine DVD mit einem neuen Spiel. Früher: Habe mir eine Schallplatte gekauft, hör mal mit rein. Guck mal, C64, da wurde alles kopiert und unter den Freunden weiter gegeben, VHS genauso, die ersten CD-Brenner waren ein Segen. IRC und dcc, die Mac-Software kam immer da her – niemand hat sich Photoshop gekauft, bis auf die wenigen sagenumwobenen Profis. Wer solche kannte, hatte immer super Sachen am Start. Dann Audio-Galaxy, Napster, BitTorrent. The Pirate Bay.
Nachdem sie das alles zerschlagen haben und durch die Malware alles vergiftet wurde, sind wir beim idiotischen Streaming angekommen. Früher war klar, Dateien verteilen, möglichst die Bandbreite schonen. Heute das Gegenteil, möglichst immer mehr Traffic online und offline zu erzeugen – was irre Energie und Material kostet. Totaler Anachronismus – CD, DVD, Blue-Ray – instabile Plastikscheiben, ineffiziente Technologie. Seit USB3 ist das obsolet, finde ich. Aber schöner Trash, und auch spezial, wie alle Kulturprodukte. Nix gegen Vinyl und Tapes. Menschliche technologische Evolution ist faszinierend, wir bauen unser Verständnis ständig aus. Die kulturelle Revolution – 1970 konntest du praktisch kaum was von der weiteren Welt erfahren, heute kann ich gefühlt von überall Daten bekommen. Das älteste Lied der Welt und die Bibliothek von Alexandria, herrliche Zeiten. Bloß, was machen wir draus?
Jeder Mensch hat Anspruch auf kulturelle Teilhabe am Reichtum des Planeten. Wir sind eine Familie. Das ist, was ich denke. Und es ist die Philosophie der UN. Menschenrechte.
In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wird der Mensch beschrieben als ein soziales, kulturelles Wesen. Demgemäß wird das Recht eines jeden Menschen auf Teilhabe am sozialen, kulturellen Leben als Menschenrecht anerkannt.
Und – eine profane Grundlage, die im Alltag oftmals übersehen wird – hierzu zählt auch das Recht, seine eigene Kultur überhaupt leben zu dürfen und nicht zwangsweise assimiliert zu werden. Dieses Menschenrecht auf Teilhabe am kulturellen Leben umfasst auch das Recht, sein eigenes kulturelles Erbe überhaupt erleben, erlernen und erfahren zu dürfen. Genauso wie es dazu gehört, das kulturelle Leben anderer erfahren zu können. Dass die Verwirklichung dieses kulturellen Menschenrechts nur möglich ist, wenn auch die sozialen Menschenrechte verwirklicht sind, versteht sich von selbst.
Die Teilnahme am kulturellen Leben wird aber auch in die andere Richtung geschützt. Nicht nur, dass niemand hiervon ausgeschlossen werden kann, jedermann hat auch einen Anspruch auf Schutz seiner Beiträge zu diesem Leben, insbesondere also auch auf Schutz seiner literarischen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Werke. Zum Menschenrecht auf Teilnahme am kulturellen Leben zählt daher auch der Schutz der Leistungen des Einzelnen durch ein effektives Patent- und Urheberrecht.
Zur Teilhabe am sozialen, kulturellen Leben zählt für die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte auch die Teilhabe am wissenschaftlichen Fortschritt, für den mithin ein gesetzlicher, diskriminierungsfreier Zugang bestehen muss. Niemand darf also etwa vom Fortschritt im medizinischen Bereich, etwa durch prohibitive Preisgestaltung, ausgeschlossen werden.
In der weiteren Entwicklung wurde dieses Menschenrecht auf Teilnahme am kulturellen Leben im UN-Sozialpakt wieder aufgenommen und verbindlich weiter entwickelt.
Artikel 27
(1) Jeder hat das Recht, am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen, sich an den Künsten zu erfreuen und am wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Errungenschaften teilzuhaben.
(2) Jeder hat das Recht auf Schutz der geistigen und materiellen Interessen, die ihm als Urheber von Werken der Wissenschaft, Literatur oder Kunst erwachsen.
Das Geschäfte-Machen hat der Freiheit des Cyberspace praktisch den Garaus gemacht. Seit den Rechtsanwälten ist es nicht mehr das Gleiche. Und es ist nicht egal. In Brasilien kann sich niemand CDs leisten, Musik wird nur herunter geladen. Das IST eine eminent wichtige politische und soziale Frage, es geht NICHT um Pille-Palle dabei. Es braucht neue Layer, ein neues Netz.
Um das rund zu machen, angefangen habe ich aus persönlicher Betroffenheit. „The 100“, wollte ich mir ansehen. ProSieben zeigt die dritte Staffel der Sci-Fi Serie immer mittwochs ab 22:15 Uhr. Im Anschluss an die TV-Ausstrahlung stehen alle aktuellen Folgen 7 Tage lang zum kostenlosen Online-Anschauen auf ProSieben.de/The-100 zur Verfügung. ProSieben ist Zeitverschwendung und ein unangenehmes Erlebnis, aber aufgenommen und gespult auf dem IP-TV geht es zur Not. ‚Früher‘ hätte ich die Serie flott als Torrent runter geladen und mehr oder minder in einem Rutsch geschaut. Seit ich 2015 eine Filesharing-Abmahnung wegen Rechteverletzung wegen einem belanglosen mp3-Hintergrundsound in einem Computerspiel (GTA IV) abwehren musste, google ich immer mal, ob gerade räuberische Rechtsanwälte im Hinterhalt liegen bzw. unterwegs sind. Hat schließlich 170€ gekostet, das Spiel dagegen hätte ich für <30€ kaufen können. Oder beim physikalischen Ladendiebstahl erwischt werden, auch das wäre deutlich billiger gewesen … Und siehe da, wegen „The 100“ wird abgemahnt, 180€ pro Episode. Bei 13 Episoden der ersten Staffel (9,99€ DVD Thalia, 0,77€ pro Episode) eine erwartbare Abmahn-Summe von 2340€ – was haben sie nur aus dem Internet gemacht, diese Saubande !!! Torrents sind eine super-Technologie, aber praktisch tot. Traurig. Als Stream dagegen problemlos zugänglich und derzeit im unbestraften grauen bis illegalen Bereich: http://kinox.to/Stream/The_100.html Das Setzen von Links auf fraglich legale Inhalte wird dagegen von Facebook bereits teilweise verfolgt. Absehbar, das die Zensur da zulegen wird. Gefiltert wird aktuell noch wenig, aber es ist Tauschgruppen auf FB an den Kragen gegangen, las ich irgendwo. Mir egal, ich schreibe nicht mehr auf Facebook, und bis sie hierher kommen, muß ich mir was Neues ausdenken 😉 Oh – vermutlich wird die Seite gespidert, wenn ich sie auf FB verlinke, dann ist es wiederum egal und hier wie dort schauen google fb nsa vs dea etc. drauf, und solange nicht die Staatsanwaltschaft Köln damit zu tun hat, passiert vordergründig nicht viel. Die sind übrigens schwer genervt von den Massenabmahnungen. Wäre vielleicht schlau, sich polizeilich-repressiv auf die wirklich wichtigen gravierenden sozialen Regelverstöße – Einbruch, Raub, Mord, Fahrerflucht, Körperverletzung, Brandstiftung, schwere Sachbeschädigung – zu konzentrieren und die Leute, die Verstöße gegen Regeln begehen ohne irgendwelche realen Schäden an anderen dabei auszulösen – illegale Drogen, file sharing, Schwarzfahren, geringwertige Diebstähle – durch ein bedingungsloses Grundeinkommen und Entkriminalisierung aus der entwürdigenden Situation zu holen, die doch im Wesentlichen auf Armut und Not basiert. Ooops – Philosophie again.
Informationen zu Werken aus Film, Fernsehen und Musik, welche das aktuelle Objekt von Abmahnungen sind:
Game of Thrones
Breaking Bad
Black Mass
Dirty Grandpa
The Hateful 8
Deadpool
Er ist wieder da
Empire
Homeland
Independence Day – Wiederkehr
The Big Bang Theory
The Walking Dead
Jane got a Gun
The Americans
Hot Party Winter 2015
Man lernt nie aus
Hangover 3
The 100
Die Bestimmung – Allegiant
How I Met Your Mother
Silver Linings
Der Knastcoach
http://www.abmahnung.org/aktuelle-abmahnungen/
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Filed under: Informatik,Kunst,Musik,Philosophie,Politik und Wirtschaft,Technik,Zeit- und Zeit-Geschichte - @ Dezember 17, 2016 3:52 pm
Schlagwörter: Abmahnungen, Erinnerungen, File Sharing, Kultur, Kulturelle Teilhabe, Menschenrechte