Depression
Depression, das ist eine Konfiguration des psychischen Apparats, wo wesentliche Verbindungen nicht funktionieren. Die Sub-Systeme sind da und arbeiten, aber die Integration ist nicht möglich.
Namentlich sind abgetrennt: Lust, Wohlgefühl & Genuß, Liebe — von Denken, Wahrnehmen, Planen, Handeln.
Resultat: Käptn Kopf fragt sich angesichts der Freudlosigkeit: Wofür?
Diese Konfiguration ist unnatürlich. Sie ist etwas Gemachtes. Und es ist sehr energie-intensiv, sie aufrecht zu erhalten. Weil eine negative Energie-Bilanz besteht, führt sie zudem unausweichlich zum Zusammenbruch. Bedeutet: Es kostet Kraft, aber es kommt keine neue Kraft nach, bis totaler Lustverlust und Erschöpfung erreicht und alle äußeren Ressourcen sinnlos ausgelutscht wurden. Und dann ist Suizid eine häufige Reaktion, falls nicht neue äußere Quellen erschlossen und dann leer gemacht werden können.
Weil die Integration nicht funktioniert, sind auch Beziehungen – wo ein ganzer Mensch gefragt ist – nicht führbar. Den Partner kostet es so viel Kraft, bis sie oder er genug hat – aber es ist immer nutzlos, Depressiven eigene Kraft abzugeben.
So funktioniert das nicht.
Sondern: Der Weg raus ist klar und gut beschrieben. Und er muss durch den Depressiven gegangen werden. Nämlich: In der Erkenntnis von ICH BIN KAPUTT steckt eine Aufgabe – REPARIERE DICH SELBST.
Und zwar so: Bereits das Wort KAPUTT gibt den entscheidenden Hinweis … Caput, der Kopf bzw. Schädel. Genau genommen das Frontalhirn, was uns steuert und plant und macht und tut.
Sehr viel von der Art, wie der psychische Apparat arbeitet, basiert auf Hemmung. Schaut man sich Neuroanatomie an, schalten immer Systeme auf andere Systeme mittels negativer Rückkopplung. Wenn A, dann nicht B oder C. Weil sonst das Hirn alles gleichzeitig wahrnehmen und integrieren und tun wollen würde, was Psychose macht, sprich: Totaler Irrsinn.
Das ist technisch nicht drin. Daher ganz gut, wie es eingerichtet ist. Bloß: Wenn halt das Frontalhirn alle anderen Systeme zugunsten von fragwürdigen Zielvorstellungen dauerhaft auf Null setzt, wird das Leben unlebbar.
Nicht Karriere oder tot, sondern (zu viel) Karriere == Tod.
Um ein typisches Beispiel zu nennen. In der Regel geht es nicht wirklich um positive Ziele, sondern um Vermeidung. Die Karriere ist ein Deckmantel für Streben nach Sicherheit durch Geld (eine Illusion), für Streben nach Liebe durch Leistung (noch eine Illusion), für Streben nach Auflösung der inneren Spannung durch symbiotische Verschmelzung mit einem dominanten Elternteil (noch eine Illusion).
Hinter allem steckt ANGST. Und zwar vor Schmerz, Strafe, Vernichtung. Was die Eltern und Lehrer in uns eingepflanzt haben: Sei nicht du selbst, sonst kannst du was erleben (Liebesentzug, eine Tracht Prügel, Abwertung, Beschämung, etc.). Sei ein guter Junge, ein richtiger Mann, eine echte Frau, ein guter Soldat, ein braver Katholik, ein leistungsstarker Mitarbeiter, blablabla.
Alles Bullshit, wenn mensch es damit übertreibt.
Weil Hyperfrontalität (zu viel Kontrolle durch die Ratio) gelernt ist und weil es unnatürlich ist, Inhalte für wahr zu halten, die unglücklich machen, kann der Zustand leicht revidiert werden: Nämlich durch Neues lernen.
Allerdings dauert lernen, und es ist mühsam, weil es wiederholt werden muß, damit das Hirn wächst und sich entwickelt. Ja, da wachsen neue Neuronen-Verbindungen, genau das ist Lernen. Zusätzlich ist blöd, dass unter Angst das Lernen sehr erschwert ist.
Während Vermeidungsverhalten immer sofort eine Belohnung bringt – puh, den Vortrag abgesagt, ich hätte mich bestimmt blamiert – garstigerweise aber die ANGST damit gestärkt und bestätigt wird – ich werde nie Vorträge halten, ich merke auch, ich sage immer weniger gerne überhaupt was persönliches vor irgendwem … und raus gehen, lieber nicht. Etc.
So geht negative Rückkopplung, die entgleist. Normalerweise gibt es eine Art von Kreislauf, immer kommt ein System nach dem anderen dran, Arbeiten, Essen, Erholen, Schlafen, mal Tanzen, Ficken, raus in die Natur gehen, unter Leuten sein, alleine sein, … jede Monomanie ist tödlich, sprich: Immer mehr von immer weniger tun, immer mehr nur eine Sache machen, das ist die Crux bei dieser Geschichte.
Eine Aktivität kann nicht alle Bedürfnisse befriedigen.
Daher besteht die scheußliche Zumutung einer solchen Aufgabe darin, genau gegen das Verbot (was im Kopf programmiert ist) zu handeln. Das geht natürlich nur, wenn darin ein höherer Wert erkannt und dem eine emotionale Bedeutung gegeben werden kann.
Depressive sind nicht gut motivierbar, weil: Alles sinnlos, weiß man doch bereits. Ich habe früher immer gerne gesagt: Wird sicher ätzend. Und so war es dann auch, oft. Weil ein Mindset ja auch zu einer in einer bestimmten Weise eingefärbten Erfahrung führt – Wahrnehmung und Bewertung sind nur schwer zu trennen, und wenn die Bewertung von vorne herein fest steht, folgt ihr die Wahrnehmung natürlich.
Die, die Glück haben, kippen in andere Zustände und erleben da was Anderes. Rausch, Entgrenzung, Rituale – das sind typische Mittel für veränderte Bewußtseinszustände. In denen erfahrbar ist: Aha, ich kann durchaus anders fühlen, wenn mein Frontalhirn mal nicht das Sagen hat.
Um daraus nicht die falschen Schlüsse zu ziehen, bedarf es aber des Verstandes oder der Hilfe zur Erkenntnis – das nämlich einen Weg zu einem Ort zu finden mittels einer magischen Methode NICHT bedeutet, dass nun immer dieses Mittel genutzt werden will. Sondern: Es ist eine Vision, eine Vorschau auf den Menschen, der in einem darauf wartet, entwickelt zu werden, und zwar durch Arbeit an sich selbst.
Glücklicherweise sind Irrwege immer enttäuschend, und dieses Ende der Täuschung ist toll, denn es sagt dir: So nicht, probier was anderes. Und unterwegs lernt mensch nebenbei sehr viel, weswegen Umwege die Ortskenntnis erweitern (sich verfahren, das passiert nur Leuten, die es eilig haben, und an ihrem Leben vorbei leben).
Planen ist gut, weil es das Hirn vor-organisiert und weil es Materialbeschaffung im Vorhinein ermöglicht etc. — aber Pläne gehören insbesondere im privaten Bereich gemacht und dann sofort in die Tonne entsorgt, weil: Leben immer anders.
Ziele sind wichtig, Pläne müssen stabil-flexibel sein, also ich versuche es mal so und sofort wechseln, wenn das Feedback ist so geht es nicht. Stabil-flexibel bedeutet – das will ich erreichen, und zwar so oder so ähnlich (und zur Not auch ganz anders als zunächst gedacht).
So. Hier für heute Schluß, schreibe ich bei Gelegenheit weiter. Wieder ein Stück von dem Buch, was ich immer schreiben wollte, geschafft.
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Filed under: Arbeit,Gewaltanwendung,Psychologie - @ März 28, 2017 2:19 am
Schlagwörter: Depression, Erziehung, unnatürliche Konfiguration