Bessere Menschen kommen (und ihr müsst hier weg)
Rund um mich herum sind Baustellen, alles wird mehr und schöner, das Alte weg und schnell neu. Es kommen bessere Menschen her. Wirtschaftlich gesprochen.
An den Ziel-Mieten der neuen Objekte läßt sich ablesen, dass diese Menschen ungefähr doppelt so gut sind wie die, die aktuell hier leben.
Richtige Leistungsträger können sich eben auch mehr leisten.
Mir gefällt das nicht, die Leute um mich rum zucken bloß mit den Schultern und machen weiter.
Wieso machen die das alle so brav mit?
Sie sind gezwungen, konditioniert, eingebunden, tragen Verantwortung, werden erpresst, sind Gefangene. Vielleicht ist das so.
Was ich sehe und erlebe:
Keine Kraft, keine Zeit, keine Lust, kein Bewußtsein für den Wandel, kein Gefühl dafür, dass es auch sie betrifft und vor allem sie auch etwas darin sein können, die Geschichte beeinflussen könnten.
Daraus könnte der Schluß gezogen werden, es müsse eben so sein oder es gehöre so, wie es ist. Diese Modelle werden vertreten – weil sie so bequem sind.
Fatalistische oder faschistische Modelle – wo entweder zwar die Bedingungen schlecht, aber eben auch unveränderbar sind oder im zweiten Fall alles erlaubt ist, was der Macht dient und die Welt immer in die Über- und die übrigen Menschen (neudeutsch Opfer) auseinander fällt; im Grunde die Mentalität und Moralität einer brutalen Verbrecherbande.
Beide Sichten auf die Welt erlauben es, die Empathie zu ignorieren, da wo sie die Effizienz mindert.
Ich kann das nicht. Wenn ich erlebe, was vor mir ist – da schläft ein alter Mann in einem Hauseingang auf dem Boden. Im Freien schläft der auf der Straße. Überall drum herum ist beheizter Raum, alles leer, aber beleuchtet. Und abgeschlossen.
Würde einer aufsperren, wäre der Alte nicht mehr der eisigen Witterung ausgesetzt. Ist doch scheußlich, so da zu liegen. Das will doch wirklich niemand.
Und es ist so verrückt. Ein Mensch friert auf der Straße – daneben ein leeres Haus, beheizt und beleuchtet und mit Klos und Wasser und Kaffeemaschine. Ein unnötiger Mangel, offensichtlicher kann es kaum sein.
In Steinzeit übersetzt:
Eine beheizte Höhle steht leer, drinnen brennt das Feuer – ein Alter sitzt davor im Freien in eisiger Kälte.
Wie könnte das passieren, das macht gar keinen Sinn?
Menschlich wäre, zu sagen komm rein alter Mann, du holst dir in der Kälte noch den Tod. Und wenn niemand da ist, würde man halt ans Feuer gehen, schon damit es nicht etwa aus geht. Muss ja jemand danach schauen.
Aber heute ist es normal: Dem einen gehört die Höhle, der andere hat daher mit Rücksicht auf die nun mal geltenden Regeln draußen zu frieren.
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Filed under: chronologia,Philosophie,Politik und Wirtschaft,Zeit- und Zeit-Geschichte - @ Mai 11, 2017 9:40 am
Schlagwörter: Apathie der Menschen, Demonstration gegen Verdrängung, Empathie, Fragwürdige Steinzeit-Theorie, Gentrifizierung