Ein Zielpublikum
An wen mag ich mich richten? An mich selbst in der Zukunft (weil ich das sicher noch mal ansehe, wie ich mich kenne). An meinen Sohn, weil ich da am ehesten Ambitionen spüre, etwas weiter zu geben, was Wert hat. Dafür wäre ein Tagebuch sinnvoller (und privater). Oder Briefe, etwas Persönliches, irgendwie so was wie Lebensweisheiten, Memoiren, Selbstglorifizierung und Anekdoten. Oder ein Buch, eine Bibel. Seit es das Netz gibt, denke ich, wir arbeiten kollektiv am Supermind. Einfach rein schreiben reicht völlig aus. Einzelne sind nur wichtig durch ihre Beiträge und deren Qualität. Das Netz findet es irgendwann und macht was draus. Ziemlich gestrig, das für potentiell gut zu halten. Aber Kultur ist, wenn du das Gute wiederholst und festigst in Formen und Inhalten. Beispielsweise Gedanken nachvollziehbar auszuformulieren, statt Emoticons – die nun Emojis heißen wollen – zu verschicken, und lange Ketten von Sätzen zu bilden, weil sich so die Wege nachvollziehen lassen, wie in einer komplexen Gedankenwelt eines zum anderen gehört und darin übergeht. Ich halte sowas für unterhaltsam, genieße es auch, dem Strom der Gedanken zu folgen, die andere fertigen – insbesondere solchen, die mir wenig bekannt und vertraut sind, wo sich auch Neues und Unerwartetes verbirgt. Nach meiner Erfahrung geht es anderen damit nicht so, eher: „Was will der denn, versteh ich nicht, das ist mir jetzt anstrengend, laß mal gut sein“. Womit sie ja ganz recht haben. Mein Kompromiß: Ich teile mich ultimativ vermeidbar mit. Niemand muß mich überhaupt zur Kenntnis nehmen, zugleich könnte es aber jede. Damit kann ich vermutlich leben. Wobei, Motive immer basal, also nix mit „ich erwarte mir davon nichts“. Ich will toll gefunden werden, schlau, intelligent, großartig und liebenswert. „Der Mensch hat recht“, das sollen sie denken. Zustimmung, Anerkennung, Ruhm, Geld, Sex, Macht. Das komplette Programm. Tja. Da wird es schwierig, denn ich wüßte nicht zu berichten, wann ich mal mit irgendwas populär gewesen wäre. „So ein Idiot!“ oder „Der Typ ist ein totales Arschloch“, sowas kriege ich zwischenmenschlich hin. Breite Zustimmung einer fanatischen Fan-Base, das wäre verführerisch, und genau so kommen solche Lutze auf das schmale Brett mit dem Führer-Spielen. Während ich weiter isoliert bleibe und unerfolgreich und unverstärkt-traurig-depressiv, während ich mich mehr oder weniger wirkungslos mit den Hirngespinsten befasse, die ich meine Projekte nenne, und um mich rum die Dinge irgendwie ihren Lauf nehmen .-.- besser so, als daß ich mal ernsthaft verärgert bin. In Menschen, denen es innerlich weh tut, steckt viel Dunkelheit und Hass. Vernünftige Leute hören Metal. Andere gehen damit weniger sozial integrierend um – und schießen sogar auf Metaller, was gleichermaßen empörend und schmeichelhaft ist, aber bisweilen irgendwie ein Tabu, daraus wiederum einen Topos zu machen (so wie „Smoke on the Water“). Jedenfalls habe ich zu ‚metal music about the bataclan incident‘ nichts finden können. Dabei ist der Mord an meinen Metal-Schwestern und Metal-Brüdern eine Sache, die mich in einen Gruppe-gegen-Gruppe-Kampfmodus versetzt. Memo an mich selbst: Schreib da einen Songtext dazu und vertone ihn. Vielleicht orientiere ich mich dazu an klassischen Themen, vielleicht auch was wie Janaza (Iraq’s very first female-fronted, black-metal band), aber vermutlich lieber etwas, das ich auch vorspielen würde und was verständlich ist und vernichtend trifft (sonst lohnt es sich ja nicht).
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Filed under: Kunst,Musik,Philosophie - @ Oktober 29, 2016 11:54 pm