Arbeit für Alle (reskilling the workforce)
Was Maschinen effektiver – schneller, billiger -machen können, wird durch Maschinen statt Menschen gemacht werden. So verschwinden viele Möglichkeiten, menschliche Arbeitskraft gegen Lohn zu tauschen. Was tun diejenigen Menschen, die durch Maschinen ersetzt werden?
Wie können beispielsweise die 1,4 Millionen arbeitenden Menschen in den USA, deren Arbeitsplätze nach einer Studie des Weltwirtschaftsforums bis 2026 von der Automatisierung geschluckt werden?
Ob die Zahlen etwas taugen, immerhin haben die USA eine arbeitende Bevölkerung von über 150 Millionen Menschen – weniger als 1% verlieren ihre Arbeit, das ist doch unrealistisch wenig.
Aber egal. Es wird vorgeschlagen, ein Programm zu machen, was massiv Weiterbildung und Umschulung unterstützt. Spannend der Studienansatz: Für betroffene Berufe wird geschaut, in welche ähnlichen Berufe umgeschult werden könnte, und zwar in Kombination mit einem big data – Ansatz. Sprich, tatsächliche Daten von vielen Leuten.
So etwas finde ich ja recht spannend, weil es einen echten Mehrwert gegenüber der üblichen – mit realen Daten und Empirie komplett unverbundenen – Propagierung von Wirtschaftsideologien bieten könnte.
Ergebnis: Ohne Umschulung finden nur 2% einen neuen guten Job und etwa 16% finden gar keinen. Mit einem solchen Programm würden 95% einen guten neuen Job erreichen können. Es würde sich also extrem lohnen, so eine reskilling revolution zu machen.
Natürlich sind solche Projektionen immer eine Verlängerung der Gegenwart in die Zukunft, so als ob drum herum alles so bliebe (Annahme konstanter Rahmenbedingungen). Darin liegt aber eine Gefahr – niemand kann sagen, was sich politisch entwickelt rund um die wirtschaftlichen Gegebenheiten. Auch technologische Sprünge sind nicht wirklich vorhersagbar.
Beispielsweise haben Maschinen gerade die Hürde von Leseverständnis genommen. Sprach- und Gesichtserkennung entwickeln sich rasant. Und im Bereich Denken und Problemlösen ziehen Maschinen am Menschen vorbei, nehmen Position für Position eine nach der anderen der als sicher und besonders wahrgenommenen menschlichen Fähigkeiten und Qualitäten ein. Was Maschinen einmal können, das können sie. Und es verbreitet sich rasch – neu entwickelte Fähigkeiten sind durch die Massenproduktion schnell überall verfügbar.
Die technische Evolution, so vermute ich, vollzieht die Ersetzung von Sklaverei (unbezahlte Arbeit) durch Maschinen. Wodurch Freiheit möglich ist im Sinne von Nicht-Arbeit bzw. Muße. Also Aristoteles, in a nutshell.
Politisch die Frage, wie viele werden frei sein und welche Freiheiten wird es geben, und natürlich: Sind die als Arbeiter gebrauchten Menschen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, immer noch Menschen und Bürger, oder werden sie sozial ausgegrenzt und entrechtet?
Wie es im Rahmen von Nationalstaat die Leute erleben, die sich der Gefahr einer Abwertung oder Deprivilegierung gegenüber sehen – ob gefühlt oder real, das sei mal nicht Thema – kriegen wir als nationalistische Welle ja derzeit gut mit. Natürlich ist das albern und hilflos, weil es so nicht funktionieren wird – Technisierung und Globalisierung sind keine reversiblen Angelegenheiten, und sie sind auch nicht verzichtbar oder per se schlecht, sondern schlicht das, was passiert. Mitten im Wohlstand sitzen und über die Misere der Zivilisation schimpfen, das löst nicht ein einziges Problem. Und stumpfe nationalistische Vorschläge machen die Dinge sicher nur mieser.
So gesehen beinhaltet das reskilling viel mehr – wie können Menschen mitgenommen werden in die neue Zeit, wo es halt anders geworden ist, wo beispielsweise die Verschiedenartigkeit der Menschen, die an einem Ort zusammen leben, größer geworden ist. Zusammenleben, zusammen arbeiten – und mit Verschiedenartigkeit gut umgehen, das sind neben den Fähigkeitserfordernissen sicher auch soziale Anforderungen an Menschen, die sich stellen.
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Filed under: Arbeit,Politik und Wirtschaft - @ Januar 23, 2018 11:14 am
Schlagwörter: Arbeit für alle, Post-Nationalismus, reskilling, Weltwirtschaftsforum, Zukunft der Arbeit